Dienstag, 20. Dezember 2011

Weihnachten, das Fest der (erotischen) Liebe?

Achtung: Dieser Text ist gesellschaftskritisch. Leute, die in der Spaßgesellschaft, der Konsumgesellschaft, der Wohlstandsgesellschaft, der Sexgesellschaft, der Reizüberflutungsgesellschaft, der Scheidungsgesellschaft etc. daheim sind, könnten sich angegriffen fühlen.

Eigentlich wollte ich gerade etwas anderes machen. Als ich jedoch heute in der Stadt unterwegs war, ist mir eine Werbung aufgefallen, die nicht nur in den Innsbrucker Rathaus-Galerien, sondern auch an Bushaltestellen in Innsbruck zu sehen ist.

Ein ähnliches Bild gibt es auch in männlicher Form. Von einigen Menschen, z.B. der Stadträtin Pokorny-Reitter, wird diese Werbung als sexistisch emfpunden. Zur Verteidigung sagt Peter Retter­, Center-Manager der Rathausgalerien das Folgende: „Es sollte schon klargestellt werden, dass es sich um zeitgemäße Werbung handelt, die in dieser Form schon längst zum Straßenbild unserer heutigen Zeit gehört“ (Tiroler Tageszeitung Online Ausgabe vom 7.12.11). Dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage kann man eigentlich nichts entgegensetzen. Diese Art der Werbung ist zeitgemäß, fällt nicht mehr stark auf und prägt schon seit einiger Zeit (zunehmend) das Straßenbild. Damit eine solche Werbung aber noch wirkt, muss man immer noch etwas draufsetzen. Zu schnell sind Herr und Frau Reitzüberflutungsgesellschaft abgestumpft. Was macht man da dagegen? Die Idee scheint jene zu sein, erst einmal eine geistliche (religiös motivierte) Sache (=Engel, Weihnachten, Liebe) zu nehmen und sie mit unserer im Hinblick auf Sexualität und Beziehungen absolut dekadenten Gesellschaft zu verbinden. Dann wird der Engel eine nackte Frau, die sagen zu scheint: "F*** mich jetzt gleich, ich bin dauergeil und immer zu haben", oder eben ein nackter Mann. Über dem Bild steht "das Fest der Liebe". Eindeutig bezieht sich diese Liebe hier auf die erotische Liebe. Gahz klar ist auch, dass dies in einer Gesellschaft, in der Musikvideos nichts Anderes als Softpornos sind und sogar bekennende Christen wie Justin Bieber mit derartigen Videos (http://www.youtube.com/user/kidrauhl?blend=1&ob=4) die gesamte Masse der Gesellschaft prägen, eine solche Werbung nicht mehr viel Aufsehen erregen kann. Höchstens ein paar Wellen, wie wenn man einen Kieselstein ins Wasser wirft, die sogleich wieder verschwunden sind.

Letztes Jahr gab es noch den Spruch "Zu Weihnachten ist Jesus Christus geboren" auf den Innsbrucker Plakatwänden zu lesen. Mit solch einer Werbung reißt man freilich heutzutage niemandem mehr vom Hocker. Der durchschnittliche Mensch unserer Gesellschaft scheint auf einen tiefergehenden, weiter gefassten Begriff von Liebe, nicht mehr ansprechbar zu sein. Wir haben verlernt, was Liebe wirklich ist. Es gibt kaum Beziehungen, die länger halten als Wochen oder Monate, in seltenen Fällen vielleicht Jahre. Kaum jemand hat nicht irgendwelche gescheiterten Beziehungsgeschichten hinter sich. Dass man da einen weiter gefassten Begriff von Liebe schon mal aus den Augen verlieren kann, ist nachzuvollziehen.
Der Begriff (das Konzept) Liebe ist inzwischen so komplex und unzugänglich geworden, dass man es reduzieren muss, so weit, bis nur noch das übrig bleibt, was jeder verstehen kann. Und dass ist der Geschlechtsverkehr. An Aufklärung und Wissen und Erfahrung darüber, was Sex ist, fehlt es ja nicht. Das kann ja nun wirklich jeder verstehen. Daher ist es am einfachsten, Liebe auf Erotik zu reduzieren. Ich gebe gerne zu, dass ein solches Bild bei mir eine erotische Wirkung hat, sonst gar nichts. Dieser Zwangserotisierung, die mir hier überall entgegenströmt, kann ich mich nicht entziehen. Da dürfte ich nicht vor die Türe gehen, dürfte kaum Filme schauen, dürfte nicht Zeitunglsesen, nicht Fernsehen, nicht das Internet verwenden und nicht mal aus dem Fenster sehen (gegenüber meines Fenster sind Plakatwände). Die zweite Möglichkeit, die jeder versteht, um Liebe auszudrücken, ist durch Geschenke. Letztendlich durch materielle Güter, die man jemandem schenkt bzw. geschenkt bekommt. Wenn wir nun noch weiter gehen wollen, stoßen wir jedoch an die Grenzen.

Dieser einseitige, konsumorientierte Begriff von Liebe entsteht wohl auch deshalb, weil die Gesellschaft Gott schon längst totgeprügelt hat. Man scheint zu sagen: "Sollte es die Liebe Gottes geben, dann nur insofern, als dass er mir das zu geben hat, was ich will. Weil er das aber nicht immer tut, will ich von seiner Liebe auch nichts wissen, es gibt ihn sowieso nicht."

An Weihnachten ginge es im Grunde darum, Gottes Liebe an anderen Menschen auszudrücken (zu welcher Tätigkeit Christen immer aufgefordert sind). Klar, wenn man Gottes Liebe nicht kennt, wie soll man sie dann anderen gegenüber ausdrücken? Da ist es am einfachsten, beim Sex und bei den Geschenken zu bleiben. Das oben verlinkte Video von Justin Bieber verbindet diese beiden Aspekte und trifft genau unsere heutige Gesellschaft. Leider ist dieses Video alles andere als gesellschaftskritisch.

Das Wunder von Weihnachten besteht darin, dass Gott Mensch geworden ist. Jesus war nicht nur Mensch, er war auch Gott. Und dass Jesus geboren worden ist, bedeutet Hoffnung für jeden Menschen, der von Gott entfremdet ist, der Gott nicht kennt. Denn Jesus selbst ist Gott und Jesus selbst führt zu Gott. Wenn man die Liebe, die Gott an Weihnachten ausdrückt verstehen will, muss man weiter auf Ostern schauen - denn da vollzieht sich der Grund, warum Jesus Christus überhaupt geboren worden ist. Indem er als sündloser Mensch alle Sünde getragen hat durch seinen Tod, befreit er alle jene, die an ihn glauben, von jeder Schuld. Wer diese Schuld nicht in seinem Leben erkennt, wer nicht erkennt, warum Jesus geboren worden ist, dem bleibt letztlich nichts anderes übrig, als sich den Begriff der Leibe selbst zusammenzubauen.
Wer erkennt, was Jesus Christus für ihn persönlich am Kreuz getan hat, der weiß auch, um was für eine Liebe es zu Weihnachten geht.
Wer denkt, er habe sowieso keine Schuld auf sich geladen, weiß nicht, was Liebe ist.
Wer zu Weihnachten zu Jesus Christus kommt und auf das Kreuz schaut, der kann und wird dieses Gesellschaftssystem mit anderen Augen betrachten, er wird zunehmend verstehen, wie zerstörerisch derartige Werbung ist bzw. aus was für einer von Gott entfremdeten Kultur eine derartige Werbung entsteht.

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Okthabeus - 21. Dez, 00:33

arme Germanen

Wir Germanen haben da sprachlich leider wenig zu bieten. Anscheinend hats da seit Jahrhunderten Verständnisprobleme gegeben — keiner scheint so recht zu wissen, was mit Liebe gemeint ist. Die alten Griechen hatten da schon mehr Tiefblick: Eros, Storge, Philia, Agape! Die hatten mit dem Definieren noch was drauf.

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