Montag, 4. Januar 2010

Kommet und kaufet!

Was versteht man unter einkaufen? Die Definition des Duden lautet: "sich durch Kauf mit Waren für den täglichen Bedarf versehen". Wie sieht es mit dem Wort "Shoppen" aus? Es bedeutet "einen Einkaufsbummel machen". Und was ist ein Einkaufsbummel? Ein "Spaziergang den jmd. macht, um dabei Einkäufe zu erledigen". Die Tätigkeit des "Shoppens" liegt also genau dann vor, wenn jemand einen Spaziergang macht und sich bei diesem, durch käuflichen Erwerb, mit Waren für den täglichen Bedarf eindeckt.
Wie sieht es mit dem "täglichen Bedarf" aus?. Lassen wir das Wort "täglich" einmal weg und sagen Bedarf. Was heißt Bedarf? Laut Duden ist Bedarf "das in einer bestimmten Lage Benötigte, Gewünschte;" Die Frage ist jetzt, wie viel von dem in einer bestimmten Lage Benötigte ich wirklich brauche. Brauche ich dreißig Hosen, ebensoviele Paare an Schuhen, fünf Winterjacken, Bücher die ich nie lese, Filme, welche ich kaum einmal im Jahr ansehe, Essen, das verschimmelt, Alkohol, um mich zu besaufen, und brauche ich immer das Beste vom Besten und das Neueste vom Neuen? Egal, ob mein Computer noch geht oder nicht. Sobald er "veraltet" ist, was ja sehr schnell passiert, muss ich mir einen neuen kaufen. Das gleiche gilt für IPods, Handys, Computerspiele und sogar Autos...
Worauf will ich hier hinaus? Ich behaupte, dass ein sehr großer Teil der Menschen in unseren Breiten das "Einkaufen" verlernt haben. Auch Shoppen wird, wie wir gleich sehen werden nicht mehr gut auf das heutige Verhalten vieler Menschen passen.

Was ist Einkaufen? Einkaufen ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Man geht mit den Kindern essen, trinkt Kaffee, gibt die Kinder vielleicht im Kinderparadies ab oder nicht und schlendert durch zahlreiche Geschäfte.
Für Jugendliche ist das Einkaufen zur Freizeitbeschäftigung geworden. Sie ziehen durchs Kaufhaus, trinken Kaffee, stöbern die Läden durch und kaufen bis die Geldtasche und das Konto leer sind. Selbst wer kein Geld hat und sich nichts kaufen kann ist dabei. Ohne Geld züchtet man halt Wünsche.

Wer in ein Einkaufszentrum geht, das auf Erlebnis und Atmosphäre ausgerichtet ist, wo man preisgünstig essen und trinken kann, wo man Platz für das Auto hat und wo es eine große Auswahl gibt, wird sich wundern, wieso der Handel trotz der riesengroßen Menschenmassen über zu wenig Umsatz jammert. In einem solchen Einkaufszentrum ist eine kurze Warteschlange und eine Person die sich Zeit nimmt um einen zu beraten eine Seltenheit. Nichts ist hier auf das Decken des täglichen Bedarfs ausgerichtet. Es geht ums Kaufen und Verkaufen. Möglichst schnell, möglichst viel. Es geht um Präsentation.

Für mich stellt sich hier die zentrale Frage des Ortes der Bedarfsermittlung. An welchem Ort überlegt man sich, was man benötigt? Normalerweise daheim. Man schreibt eine Einkaufsliste, nimmt sie, zieht los und kauft das, was darauf steht, nämlich im Normalfall die Dinge, welche man braucht. Meistens wird dann noch mehr gekauft, weil man glaubt, dass man das und das zum Glücklichsein auch noch braucht. Genau das wird im Kaufhaus und in jedem Geschäft vermittelt. "Du brauchst das und das, auch dieses und jenes, aber auch noch dies und das, um nicht zu vergessen auf das und das. Dann wirst du glücklich. Glaube es. Du brauchst es einfach."
Die Bedarfsermittlung findet heutzutage erst beim Einkaufen statt. Man geht umher, schaut was es alles so gibt, überlegt sich kurz was man gerne hätte, redet sich ein, dass man es braucht und kauft es dann. Das ist weder einkaufen, noch shoppen im ursprünglichen Sinn. Durch grenzenlose Übersättigung und Maßlosigkeit ist das Einkaufen zu einer Freizeitbeschäftigung geworden, derer man sich regelmäßig bedient, unabhängig von jeglichem Bedarf. Ein neues Wort wäre angebracht. Einkaufen und shoppen passen nicht mehr. Wörter wie Erlebniskaufen, Warenanschaffung, Familienkaufausflug, Einkaufssport, Deckung des unrealen Bedarfs würden es besser treffen.
Für echte Einkäufer, denen es wirklich nur darum geht, ihren täglichen Bedarf zu decken, kann diese Erledigung durch das moderne Erlebniskaufen zur Qual werden. Der echte Einkäufer muss sich den Weg durch die langsam schlendernden Menschenmassen freikämpfen, er muss lange in der Warteschlange verharren und sich von allen Seiten her mit Geräuschen und Musik beschallen lassen. Für ihn gibt es nur ein Ziel: Möglichst schnell wieder aus dieser Hölle draußen zu sein.

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